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interview - clearlake

vorneweg muss ich mich doch mal fragen, warum ihr alle nicht an jenem abend auf dem konzert von „clearlake“ wart. na? ich hoffe, ihr schämt euch alle oder habt ne super entschuldigung, denn bei so einer guten band ist es wirklich schon tragisch, wenn bei günstigen 10 euro eintritt keine 30 leute auflaufen. aber gut. beim nächsten mal wird´s hoffentlich voller.
das interview war sehr unterhaltsam, aber etwas chaotisch, weil drei der vier herren mir rede und antwort standen - und das alle gleichzeitig. zudem gab es dinge untereinander zu klären, wenn etwa david (bass) über die „kaiser chiefs“ lästerte und toby (drums) dem vehement entgegentrat. deshalb habe ich das interview etwas reduziert und gebe es nicht ganz wörtlich wieder.

was war anders bei den aufnahmen zu eurem neuen album als bei den ersten zweien?

toby: neue leute. das lineup hat sich geändert. viele studios. acht! es war alles sehr unterbrochen. wir hatten erst ein paar songs fertig. und dann kamen die restlichen. die leute, mit denen wir zusammengearbeitet haben, hatten zudem noch andere dinge zu tun. arbeiten, familie und so.

david: da mussten wir halt sehen, dass wir zur selben zeit im studio waren wie der produzent oder engineer.

toby: wir waren nicht faul. es waren nur die umstände.

david: viele bands werden ins studio gesteckt und bekommen drei wochen, um ihre platte zu machen. so hast du keine richtige kontrolle. du kannst nicht nen schritt zurück gehen und noch mal drüber nachdenken. „oh das war furchtbar. lass uns das noch mal machen.“

das album klingt etwas „amerikanischer“ und lärmiger. warum?

david: es hat sich einfach so entwickelt. wir wollten mehr abwechslung. vielleicht lag´s auch daran, dass wir während unserer us-tour viel zeit im van verbracht haben und dann natürlich viele amerikanische radiostationen gehört haben. wir haben da auch viele platten gehört, von denen einige –klar- amerikanisch waren. ich glaub nicht, dass du dir denkst, „nun schreib ich songs, die amerikanisch klingen“.

jason (sänger/gitarrist/kopf der band): es ist passiert einfach. wir probieren herum und machen das, was uns gefällt.

toby: der zeitpunkt der tour war sehr gut. als dann die platte rauskommen sollte, hatten wir viel zeit miteinander verbracht, haben viel musik zusammen gehört und sind uns sehr vertraut geworden. so waren wir sehr offen, was gut ist im studio.

jason: es gab wenig debatten über irgendwas. es kam das heraus, was herauskommen soll.

arbeitet ihr gerade an songs? und klingen die nun wieder mehr „europäischer“?

jason: ja. die klingen halt wie sie klingen. ein wenig wie die alten sachen, aber dann auch wieder nicht. wir spielen heute drei neue songs.

(es folgt eine kurze diskussion, wie wohl welcher song klingt…)

jason: wir haben auch schon etwas aufgenommen. wir glauben, es ist das beste, was wir je gemacht haben. wir haben sechs songs. die nächsten monate arbeiten wir wohl noch ne menge.

also kommt vielleicht noch dieses jahr ein neues album?

jason: nicht dieses jahr, aber hoffentlich anfang nächsten jahres. im januar.

toby: es wär toll, wenn wir´s rausbringen könnten, bevor das letzte album ein jahr draußen ist.

david: so sind die songs noch frisch. sonst kann man sich nicht mehr an alles erinnern und muss wieder von vorne anfangen.

ihr schreibt also auf tour?

david: wir schreiben immer. du kannst dich nicht hinsetzen und sagen: „jetzt schreib ich nen song“.

die texte sind euch ja sehr wichtig. was ist euch wichtiger: musik oder die texte?

jason: beides ist gleich wichtig.

toby: wenn du nur den text hast, ist ein song ein gedicht oder eine geschichte. mit der musik kannst du aber noch viel mehr vermitteln, was mit worten nicht geht. es gibt viele gute instrumentale bands –mogwai, explosions in the sky. ich kann sie aber nicht über wochen hören. da fehlt mir was.

diktiert der text die musik?

toby: er diktiert das thema des songs, aber nicht unbedingt die musik.

wollt ihr mit dieser verbindung von musik und text eine art statement setzen?

jason: in gewisserweise schon! ich mag songs, weil du für dreieinhalb minuten in einer welt sitzen kannst. und danach kannst du komplett alles ändern. aber wir haben kein politisches manifest.

toby: manchmal sind wir, wenn wir auf der bühne rocken, statement genug. wir lieben es! es ist super! (alle lachen)

jason: meine mission beim texte schreiben ist es, den leuten etwas zu sagen, was ihnen etwas bedeutet. eine reflexion vom leben der menschen. ich nehme die aspekte auf und schaue, was rauskommt.

toby: die songs sprechen nicht jeden gleich an. die leute können aber sehr persönliches aus die songs herauslesen. sie fühlen sich subjektiv betroffen und so geht es ihnen nahe. er schreibt dinge, die leute berühren. es ist kein schrott.

jason: kennst du die decemberists? die haben tolle texte!

toby: so romantisch…

jason: wie britische gedichte. oder oscar wilde.

kennt ihr andere bands aus brighton persönlich? e lectric soft parade oder british sea power?

jason: bsp sind unsere erzfeinde! wir sind nie mit ihnen warm geworden. aber wir sind gute freunde von electric soft parade.

macht ihr dann auch was zusammen?

jason: wir touren zusammen. toby hat mal was mit ihnen gemacht.

toby: ich hab mal was mit tom gemacht. der hat bestimmt 30 bands. er gehört zu den leuten, die nicht morgens aufstehen können und trashiges fernsehen schauen oder so. er muss in den proberaum!

es gibt dort also noch viele feine bands wie euch?

toby: es gibt ne menge. und das obwohl es nur ein paar konzertvenues gibt. es werden wieder mehr. aber in brighton gab´s lange fast nur diese ´98 bis 2001 clubmusik wie fatboy slim und so. die ganzen läden hatten dann plötzlich ne weinbar und statt ner bühne nen dj-pult. in den letzten jahren wurden sie wieder dreckige rock läden.
wenn man aber die menge an bands betrachtet, sind das immer noch viel zu wenig läden zum auftreten. an manchen abenden kannst du auf 5 oder 6 konzerte gehen. da ist es schwer nen auftritt zu bekommen, wenn du gerade anfängst. aber es ist eine gute szene!

david: die kooks kommen aus brighton.

toby: vor zwei jahren oder so haben sie in brighton eine rockschule aufgemacht: „the brighton institute of modern music“. ich hasse so was. sie stellen bands her! the kooks sind eine davon.

david: ich meine, du hast electrelane, electric soft parade, clearlake, british sea power, ordinary boys, die kooks, the mutts, the levellers, paul mccartney. der ist neu. du wirst sicher noch von ihm hören. du kannst nicht die straße runtergehen, ohne einen jungen coolen typen mit ner gitarre auf dem rücken zu treffen.

(es folgen diskussionen, welche bands woher kommen, aus welchem dorf oder stadtteil und ob sie gut oder schlecht sind.)

kennt ihr den sampler „the new british invasion“ mit den „boyfriends“, „the lodger“, den „pipettes“…

david: nein, aber die pipettes kommen auch aus brighton.

jason: sie hängen mit „electric soft parade“ zusammen. sie gehörten zur backing band.

meint ihr denn, dass es so was wie eine „new british invasion“ gibt? geht die britische musik weg von der tanzfläche mehr hin zum rock?

david: es läuft sich gerade etwas aus mit diesen schrecklichen gitarrenbands wie „coldplay“ oder „kaiser chiefs“…

(toby interveniert…diskussionen…)

david: es gibt in dem bereich ja viele britische bands. auch „franz ferdinand“. weiss nicht, ob es da eine „invasion“ gibt. kenn mich da in anderen ländern nicht so aus…

toby: wir sind das erste mal als band in deutschland.

david: was meinst du? gibt´s eine „british invasion“?

schwer zu sagen.

david: gibt es denn einen einfluss auf junge deutsche bands? machen sie einen ähnlichen sound?

sie versuchen es…

(diskussionen über „boy kill boy“ und ähnliches…)

was denkt ihr darüber, dass eure label mates „franz ferdinand“ so erfolgreich sind?

toby: (flucht irgendwas unverständliches) und die „arctic monkeys“…

david: find es gut. das beste daran ist, dass laurence bell, der „domino“ betreibt, angefangen hat, weil er ungewöhnliche musik liebt. er wollte ihr eine stimme geben, er wollte, dass andere leute sie hören, auch wenn´s nur zehn sind. er lebte sehr bescheiden, weil er sein ganzes geld in diese bands gesteckt hat. und eines tages erwischt er eine band, die riesig groß geworden ist: franz ferdinand.
jetzt hat er ein entspanntes leben und jeder kennt nun den namen „domino“. dabei ist er immer noch unabhängig und kümmert sich um kleine, seltsame bands, mit denen du nie geld machen wirst, die er aber liebt.
in bezug auf die firma war´s eine art schock für „domino“, plötzlich mit diesen internationalen megastars umzugehen. sie haben in einer lagerhalle mit fünf leuten angefangen und nun haben sie millionen von pfund. ich glaub, sie sind immer noch etwas verwirrt, aber sie sind immer noch super!

möchtet ihr an der stelle von „ff“ sein?

jason: (zeigt eine strecke mit seinen händen) wenn wir hier sind und „ff“ da (zeigt die mitte dazwischen), dann wären wir gerne hier, nur damit wir etwas mehr geld hätten.

david: es wäre schon schön, wenn wir von der band leben könnten und vielleicht ein größeres haus hätten. im moment müssen wir alle noch arbeiten.

jason: es wär auch toll, wenn wir einfach in ein studio gehen könnten, wenn wir wollen. nicht so´n super tolles, aber zumindest ein studio, so dass wir frei sind und sagen können: „morgen treffen wir uns im studio“. dann könnten wir wochenlang nur musik machen, ohne uns gedanken um miete und so machen zu müssen.

toby: dieses touren und die schwierigkeiten damit sind ja so ein sozialer aspekt. was weniger damit zu tun hat ist, dass es einfach schön wäre, wenn man ein paar leute dabei hätte, die einem das schlagzeug aufbauen oder neue saiten aufziehen. zurzeit haben wir kein geld, solche leute zu bezahlen.

(interview: volker kindt / 26.05.06 / molotow hamburg)

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