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interview - olli schulz

olli schulz : interview

gerade ist es erschienen: das zweite 'beige'album des hamburger "city & pavement-story tellers" olli schulz. aus diesem anlaß begab ich mich anfang juni in die hauptzentrale der grand hotel van cleef-buben und bat olli beim kaffee, plätzchen und unzähligen zigaretten zum plauderstündchen. hier ein paar auszüge:

benny: moin olli, gleich zu beginn mal die frage, ob die titulierung 'beige album' eine hommage an die beatles mit ihrem 'white album' ist?

olli: och, das ist eigenlich eine mischung aus dem schwarzen album von metallica und dem white album der beatles. es ist nicht grau sonder eben beige... ach, quatsch.

benny: nein, mal im ernst. wenn man ein album schon so nennt, hat man doch einen hintergedanken,oder?

olli: o.k., der titel des ersten albums, 'brichst du mir das herz...' war ja schon recht spektakulär.die leute erwarteten wieder sowas lustiges, aber die songs sind mir einfach zu wichtig gewesen und ich wollte einen relativ neutralen titel haben, der nicht gleich in eine bestimmte richtung zielt. selftitled album fand ich aber auch längweilig, also....

benny: welche musikalischen einflüsse würdest du denn angeben und
inwieweit unterscheidest du deine musik heute im vergleich zu früher,
als du noch alleine ohne max unterwegs warst und immer ein bißchen
das image des 'blödel-dylans von der elbe' oder eines zweiten bernd
begemanns hattest? ich zitiere:
'schmeckt wie pisse riecht'

olli: klar, ich unterhalte die leute gerne und bin insoweit auch noch
immer lustig unterwegs, aber natürlich gibt es auch abende, wo ich das eben nicht kann. dann ist es beruhigend eine gute band im rücken zu haben. so kann ich nun beides machen. entertainment kann ich so nun etwas kleiner schreiben. den bernd begemann-vergleich mag ich nicht. bernd ist viel älter, ist ein besserer musiker und kommt auch aus einem ganz anderen musikalischen backround. in deutschland ist dieses anstrengende spatendenken doch sowas von nervig. aus dem
deutschsprachigen-boom will ich mich lieber ganz raushalten und wenn
leute mich fragen,was ich denn für einen stil mache, kann ich das einfach nicht sagen.

benny: ich empfinde dich immer als eine art "storyteller" mit einem pop-klassischen backround. sowas ist in den usa doch schon normal popkultur, sei es low-fi, anitfolk, countrypop oder college-pop.

olli: ja klar, damian rice oder rufus wainwright sind große vorbilder.
ich versuche die songs ganz unterschiedlich zu entwickeln und aufzubauen und nicht so wie juli, silbermond oder sowas zu klingen, bei denen produktionstechnisch ja eh alle gleich klingt und gesichtslos ist. kein mut zum risiko oder charakteristischen, eigenen gefühlen. nischenbildung ist da fahlanzeige.

benny: ...konsensmusik eben, die die größtmöglichste, breite masse
ansprechen soll. ich stelle mir ja genauso die frage, ob die leute überhaupt noch nischen suchen wollen....

olli: die masse kauft musik zur berieselung, wenn sie das video toll finden und triviale 'kinderlied-hooks' fräsen sich durch die radiosender...

benny: o.k.,um nochmal auf die referenzen zu sprechen zu kommen. welche personen oder songs waren denn deine einflüße auf deinem neuen album, gerade im bezug auf deine musikalische weiterentwicklung?

olli: ich versuche auf der neuen platte erstmal von diesen 'normalen'
songstrukturen wegzukommen. es gibt immer wieder lieder, bei denen
ich denke: sowas möchte ich auch mal machen! z.b. wilco, bei denen
sich jedes album anders anhört. o.k.,'jetzt gerade bist du gut' ist dann wieder so ein 'schweinerockstampfer', aber ich denke auch solche songs haben ab und zu mal ihre berechtigung. neil young hat mal gesagt, 'es ist egal wie gut du dein instrument beherscht, es geht darum, was du aussagen willst.

benny: max schröder ist ja vollwertiges mitglied und partner oder?

olli: genau, wir haben diese band ja zusammen gegründet. der name 'olli schulz & der hund marie' hat ja auch was schön prolliges. ich mag das sehr. irgendwie nicht kategorisiert zu werden.

benny: auffallend ist aber genau das, das ihr nicht so richtig in eine schublade passt...

olli: das will ich auch. naja, uns verbindet mit kettcar und tomte lediglich die leidenschaft zu der musik, aber nicht immer unbeding
musikalische 'töne'.....

benny: ...o.k., dann mal lieber jetzt nicht die albackene 'hamburger schule-gleichung' aufmachen, aber das thema politik ist innerhalb der neuen deutschsprachigen bands doch arg in den hintergrund getreten, oder? wie siehst du das und diese derzeit elende deutschtümelei bei vielen bands. könntest du dir vorstellen, sowas wie eine art protestsong', bzw. protestplatte zu machen?

olli: ich haben das oft versucht, aber empfand meine politischen texte
immer als viel zu platt und glaube, daß ich dinge, die sich im zwischenmenschlichen bereich abspielen, mir als themen besser iegen.
aber eine zeile wie 'dieses land ist nicht für rock n' roll gemacht' ist doch ein statement?

benny: stimmt, das ist ja die poente von 'dann schlägt dein herz' und 'die ankunft der marsianer' kommt diesbezüglich ja auch sehr betroffen daher....

olli: ....genau, nicht so direkt in die fresse. gerade, wenn man das meiste am eigenen leibe erfahren hat. ich bin kein vorbild oder quotenlenker und glaube, daß ich ziemlich uncool bin, weil ich keine äußere erscheinung mit style, trend-oder so sein will. also das totale bewußte gegenteil von mia. das ist meine art von protest. ich muß keine kompromisse machen oder mich anbiedern. das ist für mich ein sehr befriedigendes gefühl. klar, wenn ich mehr platten verkaufen wollte, müsste ich ganz anders an die dinge herangehen. bei vielen musikern frage ich mich manchmal, warum sie überhaupt musik machen. aus gefühlen ganz bestimmt nicht oder? uns beim grand hotel van cleef wird ja auch mal gerne erfolgsbesoffenheit und anbiederei unterstellt, aber wer das tut, hat die passion nicht verstanden. das ist bei dir mit dem revolver club doch genauso, oder? kaum hast du mit deiner leidenschaft erfolg, kommen die lästertaschen aus ihren löchern...

benny: ....das kannst du aber laut sagen. naja, das ist ein anderes thema.

ab diesem zeitpunkt hatten wir uns schön in rage gequaselt, wobei ich hier anmerken möchte, das vieles von dem hier nichts zu suchen hat.
schön, daß es noch genossen wie olli gibt, die zeitloses liedgut unter
uns verbreiten. gut so und weitermachen. der kaffee war übrigens sehr gut. respekt.

interview: benny ruess

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