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interview - francis macdonald

francis macdonald (nice man & the bad boys) : interview / 05.12.2005 / nachtcafé kiel

francis macdonald ist von einer ganz besonderen art der rastlosigkeit ergriffen. nachdem der gute mann zusammen mit teenage fanclub ein halbes jahr um die ganze welt tourte, führte ihn die veröffentlichung der zweiten albums "the art of hanging out" seines soloprojekts nice man kurz vor weihnachten nochmals für einige konzerte in hiesige lande. zeit zum durchatmen blieb ihm also kaum nach den ausgedehnten reisen. im gespräch wird aber schnell deutlich, dass auch nach zwanzig jahren im musikbusiness unter anderem als mitglied bei den pastels oder bmx bandits oder als labelchef von shoeshine / spit & polish records sich einfach keine müdigkeit einstellen will. und wenn mr. macdonald erst einmal angefangen hat, über glasgow, die dortige szene und seinen eigenen beitrag, auch mit nice man & the bad boys, ausführlich zu erzählen, kann man ihn kaum mehr stoppen.

das album "the art of hanging out" ist bereits vor knapp zwei jahren in spanien erschienen und wird jetzt nochmals bei firestation records veröffentlicht. wäre es nicht einfacher gewesen, die platte auf shoeshine records rauszubringen?

francis: das ganze letzte jahr über war ich ja total bei teenage fanclub eingebunden. da blieb überhaupt keine zeit, mich um shoeshine records zu kümmern. in großbritannien ist es aber ohnehin für bands wie nice man & the bad boys sehr schwierig. die nachfrage nach den alben ist eher begrenzt und ich weiß genau, dass wir dort nicht viele platten verkaufen würden. für mich hat daher eine veröffentlichung keine priorität. wenn ich 25.000 alben an die leute bringen könnte, wäre das sicher etwas anderes.

wie kam es zu dem kontakt mit firestation records?

francis: nachdem das neue album bei zebra records in spanien erschienen war, spielten wir einige konzerte da unten. als wir beim wundervollen benicassim-festival auftraten, habe ich jasmin aus deutschland kennengelernt. sie arbeitet in köln für den echolot club. sie hatte unseren auftritt gesehen und als ich im nächsten jahr dort ein dj-set auflegte, hat sie mich nach köln für ein konzert eingeladen. dort haben wir die möglichkeit besprochen, das album auch hier zu veröffentlichen. sie nannte ein paar potentielle plattenfirmen und schließlich habe ich mit uwe (weigmann) kontakt aufgenommen. er war total begeistert und schließlich sind wir bei seinem label gelandet.

welche unterschiede gibt es zu dem debut "sauchiehall & hope"?

francis: damals hatte ich seit jahren darüber nachgedacht, eine soloplatte mit meinen eigenen songs aufzunehmen, aber der wunsch wurde immer wieder aufgeschoben. eines tages habe ich mir gesagt: "buche einfach das studio, nimm die songs auf, mische alles und denke nicht mehr darüber nach." dann bin ich es angegangen und habe alles alleine eingespielt. das war einerseits eine herausforderung, andererseits wollte ich auch niemanden bezahlen. aber es war gleichzeitig auch sehr einsam und uninspirierend. als ich fertig war, fiel mir auf, dass einige songs irgendwie nicht besonders gelungen waren. dann kam mir der gedanke, wenn ich die lieder in eine bestimmte reihenfolge stellen würde, ergäben sie zusammen eine art konzept. wenn man sie dann nicht mehr isoliert betrachten würde, fielen die schwächeren songs gar nicht mehr auf. sie wären dann teil eines puzzles. und so habe ich alles zusammengefügt.

für das neue album hatte ich mehr zeit, die songs zu schreiben. ich habe dann stuart, jamie und brian getroffen und beschlossen, "the art of hanging out" mit ihnen gemeinsam aufzunehmen. und dieses mal sind die songs einfach besser arrangiert.

woher nimmst du die energie, nur zwei wochen nach der tour um die ganze welt mit teenage fanclub wieder auf der bühne zu stehen?

francis: natürlich bin ich glücklich, dass ich bei teenage fanclub schlagzeug spielen darf. aber irgendwie könnte dies auch jeder andere machen und sie wären immer noch großartig. ich gebe immer mein bestes, wenn ich mit ihnen spiele, aber ich mache mir auch keine illusionen. teenage fanclub werden immer norman, gerry und raymond sein. wenn mir dagegen jemand aus deutschland anbietet, hier auch shows zu spielen oder unser album zu veröffentlichen, dann deshalb, weil ich diese songs geschrieben habe und weil es meine ideen sind. obwohl es auf einem niedrigerem niveau ist, macht es mich schon stolz. anders als bei teenage fanclub. vielleicht sind die clubs kleiner, die hotels nicht so nett und wir haben keinen freien tag, aber ich genieße es, dass es menschen gibt, die sich dafür interessieren. außerdem habe ich nie daran gedacht, eine solokariere einzuschlagen und habe großen spaß bei diesen gigs. zuletzt haben wir vor einem jahr zusammen gespielt. wir spielen keine konzert in großbritannien, wir spielen eigentlich nie irgendwo, außer manchmal in spanien. nice man sind also weniger erfolgreich als teenage fanclub, aber es ist immerhin mein eigenes projekt.

wie erklärst du dir, dass seit jahren immer wieder aufffällig viele neue, interessante bands aus glasgow kommen?

francis: es ist wahrscheinlich nicht anders als in tokyo, kopenhagen oder new york. du besuchst einfach die plattenläden, in denen die musik verkauft wird, die du selbst gerne hörst. du schaust dir die poster für konzerte an, kommst in den clubs vorbei oder suchst dir einen proberaum aus. und dann bist du auch schon ganz schnell in diesem netzwerk drin und findest einen platz, wo deine band auftreten kann. ich meine solche infrastukturen oder szenen existieren fast in jeder stadt. glasgow hat aber eine gute größe. es ist zwar die größte stadt in schottland, aber längst nicht so ausufernd wie london. das interessante an glasgow ist vielleicht, dass all die bands aus der stadt wiederum andere dazu bewegen, dorthin zu ziehen, um eine neue band zu gründen. einige mitglieder von belle and sebastian kommen aus england oder von außerhalb glasgows, bei franz ferdinand ist nur einer in schottland geboren. und sie alle sind hier gelandet. früher haben orange juice die pastels oder teenage fanclub beeinflusst, diese dann the delgados und belle and sebastian und diese wieder die nächste band, die den durchbruch schafft. das ist das geheimnis der popmusik aus glasgow.

eine solche anzahl guter bands kann doch aber nicht nur befruchtend sein, sondern gleichzeitig einen enormen druck ausüben?

francis: ja, das stimmt. aber ich deshalb spiele ich mit meiner eigenen band auch nie in glasgow. es ist wie ein goldfischglas, in dem zu viele menschen schwimmen, die dich unter die lupe nehmen und hoffen, dass man am ende scheitert. sie klopfen dir auf die schulter, aber als ich meine countryband (the radio sweethearts) hatte und zweimal die woche einen countryclub veranstaltete, ist niemand meiner freunde dort aufgetaucht. ich habe sie auch nicht darum gebeten, sondern dachte: "ok, sie können kommen, falls sie es wollen." ich war nur glücklich, dass ich nicht irgendeiner szene angehörte. und das gleiche ist es mit nice man & the bad boys. wir sind jetzt eine popband, aber ich spiele lieber hier oder in spanien, wo das publikum sich mehr über unsere shows freut. ich muss mich jedenfalls nicht dem wettbewerb in glasgow aussetzen. aber natürlich steigert dieser erwartungsdruck auch die eigene kreativität.

warum hast du nach fast 20 jahren im letzten sommer die bmx bandits verlassen?

francis: ich hatte einfach andere sachen im kopf und fand es immer schwieriger, meine zeit für die bmx bandits aufzubringen. gleichzeitig schrieb duglas (t. stewart) viele neue songs und nahm sie auf, um ein soloalbum zu veröffentlichen. aber dann dachte er irgendwann, es könne auch ein bmx bandits album werden. in den songs steckten so viel von duglas persönlichkeit und visionen. fast war es so, als würde er sagen, dass ich ein zu dominierender charakter in der band geworden war. im studio war ich derjenige, der die führung übernahm, weil ich alle instrumente spielte. auf dem letzten album hatte duglas zum teil nur noch gesungen und alles andere habe ich beigesteuert. er fühlte sich schließlich sehr unwohl in dieser situation und wir sprachen darüber. es war seine idee, aber er hatte recht. ich hatte andere prioritäten, während er seine ganze leidenschaft in diese songs und die band einbrachte. es war daher richtig, uns zu trennen. es gab keinen krach und noch nicht einmal schlechte gedanken danach. für einige tage war es ungewohnt, aber ziemlich bald spielten die bmx bandits wieder ein konzert. es gab für mich die möglichkeit, nicht hinzugehen oder dort aufzutauchen mit einem komischen gefühl oder aber einfach spaß zu haben. ich entschloss mich hinzugehen, "hi" zu sagen und die show anzuschauen. als ich die band sah, bedauerte ich nichts, sondern dachte nur "yeah, duglas hatte recht." es hat sich vieles geändert, aber dies ist der beste weg, um freunde zu bleiben.

wann können wir ein neues album von nice man & the bad boys erwarten?

francis: ich schreibe weiterhin songs, die ich sicherlich auch aufnehmen werde. aber ich weiß heute noch nicht, ob ich dies unter dem namen nice man tun werde. wenn man gerne songs schreibt und einige menschen die musik mögen, möchte man immer noch einen und noch einen schreiben. mein hauptproblem ist, die zeit dafür zu finden, weil ich ja eine menge davon im büro von shoeshine records verbringe oder andere bands manage. nur selten habe ich einige zeit übrig, um gitarre zu spielen und zu komponieren. dann schreibe ich die lieder meistens recht zügig. es wird also noch dauern, aber es wird neue songs geben. ich kann mir nicht vorstellen, irgendwann einmal mit der musik aufzuhören.

text: (carsten)

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