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interview - graham coxon

spät kam die zusage zu diesem interview - nämlich genau einen abend vorher. also fand ich mich am abend des konzertes gegnüber vom logo im campus ein, um den legendären ex-gitarristen von blur zu interviewen. ich traf einen sehr netten aber extrem aufgedrehten graham coxon an. das wird aber wohl an den unmengen kaffee gelegen haben, die er während des interviews getrunken hat. allerdings waren seine antworten teilweise sehr verwirrend und beantworteten nur teilweise meine fragen. das nur zur erklärung, sollte sich ein leser über bisweilen fehlende zusammenhänge wundern...

dies ist die erste tour von dir als solo künstler, oder?

ja!

das neue album ist sehr viel eingängiger und stilistisch anders als die bisherigen. das zeigt auch das sehr andere artwork. warum?

nun, das artwork war diesmal sehr schwierig. sonst hab ich das artwork und den titel eines albums schon ganz zu beginn. dieses artwork hab ich lange auf meinem notebook bearbeitet. dann hab ich aus versehen irgendeine taste gedrückt und alles war grün. das hat mir dann so gefallen. die idee war, gebäude oder eine straße zu zeigen und eine person ganz allein darin. das bezog sich auf mich auf meinen weg die straße runter - allein. die cover geben immer etwas von meiner momentanen stimmung wieder. vor allem bei den ersten vier alben kam die musik aus einer stimmung von extremer traurigkeit und melancholischer depression.
bei diesem album hab ich mich viel leichter und mental besser gefühlt. meine positiven gefühle sind einfach in die musik eingegangen.

das album scheint überhaupt sehr persönlich zu sein.

ja, die person, die da singt bin immer ich. auch das mädchen, das in "are you ready?" rumläuft. ich glaube, du kannst dir nie wirklich entkommen. deswegen schreibst du sogar über dich selber, wenn du versuchst über eine andere person zu schreiben.

ist "don´t be a stranger" ein anti-drogensong?

nein, wie kommst du denn da drauf? das ist lustig, weil eigentlich in "no good time" drogen erwähnt werden. das ist eher ein antidrogensong. es ist eher beobachtend, nicht verurteilend. ich verurteile nicht in songs, also nicht anti drogen oder anti irgendwas! es steht mir nicht zu, so etwas zu kommentieren. natürlich macht es mich traurig, wenn junge leute drogen nehmen und zu viel trinken. ich hab´s ja auch getan, deswegen ist das etwas schwierig.
dachtest du, es ginge um drogen wegen der zeile "half your nose is floating in the sink"? das ist eine geschichte, die ich über status quo gehört hab. beim schnupfen auf der toilette ist da jemandem die nase herausgefallen. diese vorstellung hat mich sehr fasziniert. aber es mischt sich auch anderes dazu. als ich student war, hatte ich mit zwei der wohl dreckigsten typen, die ich je im leben erlebt hab, zu tun. sie waren beide aggrophobisch wegen mördern und so... der song ist also zur hälfte darüber und zur hälfte über hausbesetzer und dreckige leute. und die sache mit dem psychiater: ich glaub wenn du viel rauchst und trinkst, triffst du früher oder später einen...

ist dir politik wichtig? man könnte "people on earth" als politischen song interpretieren...

ja, das ist meine ganz eigene art von polititk. es geht dabei um haarschnitte und schuhe - nicht wirklich ernste poltitk. ich find es wirklich obszön, dass manche bands in total furchtbaren regenjacken oder joggingschuhen auf die bühne gehen. so was ist dem publikum gegenüber respektlos! ich mag gerne gute schuhe. wenn du dir die beatles und jimi hendrix anschaust...

paul weller?

arr...ja. der ist einer von denen, die immer....es soll eher ein witz sein. ich schein solche listen in manchen meiner songs zu mögen. "i wish" ist eine liste von...gefühle..."people on earth" ist das gleiche. du bist nicht cool, weil du hamburger ißt und nicht zur schule gehst. das ist nonsens. natürlich mußt du zur schule gehen! vielleicht ist es sogar wirklich cool zur schule zu gehen. nonsens eben, aber es ist halt irgendwie ernst präsentiert.

im intro stand, dass du sehr viel wert auf style legst.

was kleidung angeht bin ich sehr traditionell. und bei musik und so .........ich glaub nicht, etwas ist gut, nur weil´s neu ist. definitiv nicht. ich denke immer erst, wenn etwas neu ist, ist´s schlecht!

was sind deine musikalischen einflüsse? auch heute.

bands wie libertines und interpol inspirieren mich. sie sind sehr interessant.

und was magst du wirklich?

keine ahnung. weiß ich wirklich nicht. hängt von meiner stimmung ab. 1974 english folk revival kram. new wave späte 70er. 60ties psychedelic oder frühere sachen von ´64 bis ´66 wie the who, jeff beck. aus den 80ern mag ich monochrome set. in den 90ern war eigentlich alles scheiße bis auf ein paar amerikanische sachen wie pavement und unwound. oder das rrriot girl movement.

hatte stephen street großen einfluß auf das neue album?

nein! er hat viel aus mir rausgeholt und mich gezwungen, alles langsam anzugehen. ich hab einige songs zu schnell aufgenommen. als sie fertig waren, gefielen sie mir nicht richtig - z.b. beim gesang.

welches ist dein liebstes graham coxon album?

ich mag the kiss of moring - wegen des sounds. es wurde nur auf analogem equipment und tapes aus den 60ties aufgenommen. und ich mag "crow sit on blood tree" wegen der farfisa orgel. die klingt toll!

also wird das nächste album wieder eher so klingen?

weiss nicht. vielleicht wird es wieder mit stephen street im selben studio aufgenommen wie das letzte. die sache ist, dass die songs, die ich für das nächste album geschrieben hab, alle so klingen wie freakin´out, das typische frust-leid-mädchen-ding. dann gibt´s noch einige stücke, die sehr ruhig und romantisch sind. es wird wohl so wie das letzte album. im januar fang ich mit aufnehmen an und warte ab, wie´s läuft.

ich hab gelesen, dass du in rinteln bei hannover geboren bist und acht jahre dort gelebt hast.

nein, das waren nur zwei/drei jahre. ich hab in berlin und münster gelebt. das muß in den frühen 70ern gewesen sein.

kannst du noch deutsch?

ich verstehe noch etwas, kann einiges sagen, aber ich kann mich nicht wirklich unterhalten.

und ist es was besonderes für dich hier in der gegend zu sein?

wenn ich an hamburg denke, kann ich an nichts anderes als die beatles denken. es ist ein wenig so, als wär ich in der vergangenheit. deutschland erinnert mich an rubber soul! vor allem berlin. ich hab viel urlaub in der gegend verbracht. und in österreich. da haben sie immer beatles gespielt, wenn ich mit der band von meinem vater rumhing. er spielte in einer militärband. deswegen bin ich ja auch hier geboren. so erinnert mich rubber soul immer daran. weiß nicht warum. ich würd gerne das neue album akustisch und mit tambourine aufnehmen, aber das kann ich wohl nicht machen. rubber soul ist eines meiner liebsten alben überhaupt!
als ich das gestern jemandem erzählt hab, meinte er, hier ist´s doch so kalt! und tatsächlich erinner ich mich am meisten in meiner kindheit an schnee und schlittenfahren. ich hab da immer so ein allgemeines gefühl von kälte. aber als kind bemerkst du das nicht so. es ist eher spaß. merkwürdigerweise erinner ich an mehr dinge aus dieser zeit als an dinge aus meinen 20ern.

wie sieht´s mit der kunst aus?

letztens hatte ich eine ausstellung im ica in london. die war gut. bilder von der zeit als ich 17 war bis heute. die cover sehe ich nicht so sehr als kunst an. sie gehören zur musik und sollen sie unterstützen. sie sind weniger frei. mehr werbung und design.

fühlst du dich als künstler oder als musiker wohler?

bei beidem fühl ich mich unwohl. es ist nicht einfach. du sitzt in einem raum, nimmst einen song auf. er gefällt dir, aber wer weiß, wie er anderen gefällt! mit kunst ist´s das gleiche. wenn leute still herumlaufen, meine bilder anschauen und kommentare flüstern, denke ich, was sagen die nur!?! aber genau das ist der grund, warum ich heute so was mache: wenn´s schwierig, beängstigend, bedrohlich oder schmerzhaft ist, dann mach ich es. das ist der wirkliche grund, dinge zu machen! klar macht mir das auch spaß. ich bin abhängig davon. wenn ich einen song auf meinem vierspurrekorder aufgenommen hab und ihn das erste mal auf meinem kopfhörer höre, ist das ein tolles gefühl. und es ist ein tolles gefühl zu malen. das schwierige dabei ist, ob das, was du machst wert und eine wahrheit hat. ich versuche alles so zu machen, dass es mir wirklich gefällt und mich so begeistert wie als ich das erste mal "anyway anyhow anywhere" von the who gehört hab. ich bin besessen von dynamik in popmusik. deswegen sind die frühen who auch so gut! da gibt es keine zeit, sich zu langweilen! sobald du dich an etwas gewöhnt hast wird es zerschlagen. wie auch bei "you really got me" von den kinks. ray davis hat mal in nem interview gesagt: das stück ist an ein mädchen gerichtet. you really got me. und bevor es langweilig wird, verändert er die tonlage. das fand ich interessant!
ah, die rattles erinnern mich auch an hamburg! die spielten im cavern club. sie waren die einzige continentale band, die dort gespielt hat! und ihr drummer war ein zuhälter! ehrlich! unser basser hat ein paar schöne chelsea boots. ich habe auch schöne aus wildleder, aber hab sie nicht mit.

ok, das war´s! aber was ist mit "futureplans"(ein punkt meiner notizen)?

nun, erstmal werd ich die füße hochlegen. ausruhen, weihnachten, vater sein, das neue album starten, noch mehr ausruhen, mehr malen. ich hab ein neues haus in new canterbury in kent. da hab ich ein studio und endlich platz zum malen. ich fahr gerne motorrad. ich möchte viele solche dinge machen. das sind meine "futureplans". ich möchte nicht zu schnell ein neues album veröffentlichen, weil ich dann natürlich auch wieder auf tour muß. das macht mich verrückt!

(interview: volker kindt / 23.11.04 / logo hamburg)

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