interview -
unwinding hours

wegen chronischer
erfolglosigkeit sollen sich ja "aereogramme" aufgelöst haben.
ob der erfolg mit dem nachfolgeprojekt sich nun einstellt und wie das
nun alles tatsächlich war, galt es bei dem bremer konzert der beiden
schotten "unwinding hours" zu klären. iain cook und craig
b. waren beide auch mitglieder von "aereogramme". über unwinding hours kann man nicht sprechen, ohne über die vorgängerband aereogramme zu reden. wie spricht man das eigentlich richtig aus? iain: aereogramme. diesen namen zu haben hat uns über die jahre einige probleme bereitet. die leute sind immer faul beim lesen und haben das "e" nie gesehen. und wenn dann ein auftritt war, fehlte es... warum lösten sich aereogramme auf? craig: wir wollten von unserer musik leben, was rückwirkend betrachtet schwierig war mit der musik, die wir geschrieben haben. wir hatten immer kommerziell erfolgreiche momente, aber wir haben sehr harte und sehr ruhige musik gemacht. anderes wäre für den massengeschmack weniger schwierig gewesen, aber das war die musik, die wir machen wollten. ich bereue das auch nicht. es war nicht massentauglich und ich verstehe absolut, warum. es ist schwierig zu verstehen, dass andere bands von eurem label so viel erfolgreicher sind. mogwai machen sogar musik für hollywood filme... craig: mogwai haben immer ihren typischen stil, den man immer als mogwai erkennt. wir hingegen haben sehr ruhige songs und dann wieder geradezu heavy metal songs gehabt. also war die mischung das problem? craig: sleep and release war eine mischung von popgitarren, sehr dunkler musik, elektronik und orchester...was haben wir uns dabei gedacht?!?! (lacht) iain: die leute wollen einen toaster oder einen dvd player, aber nicht beides in einem gerät! craig: das ist auch
das album, auf das wir am meisten stolz sind. und das ambitionierteste!
es sollte von anfang bis ende so durchlaufen und hatte auch nur eine
pause. der grund war also wirklich erfolglosigkeit? craig: ich glaube, wir waren müde und hatten genug. iain: es waren die
erwartungen. man steckt nicht so viele jahre so viel arbeit in etwas
ohne die erwartung, dass die leute irgendwann verstehen, was man da
macht. bei jeder platte dachten wir: "das ist sie jetzt".
die hoffnungen und erwartungen sind sehr ermüdend. das unwinding hours album klingt wie ein fortsetzung des letzten aereogramme albums. warum dann der neue bandname? iain: aereogramme waren vier leute, eine einheit und das ist nun etwas, was craig und ich machen. es ist was anderes. wir haben eine andere vorstellung, was wir mit dieser band erreichen wollen und wie wir das erreichen wollen. das kann man nicht damit vergleichen, wie wir uns bei aereogramme gefühlt haben. craig: aereogramme waren vier leute und ohne die anderen zwei ist es nicht aereogramme. das nun sind ganz wir, nur wir. ich weiß, es gibt eine ähnlichkeit, aber das artwork, die ziele und die idee, die wir haben, ist ganz anders als bei aereogramme. du hast gerade das artwork erwähnt. kannst was dazu erzählen? es erinnert an eine uhr... iain: nun, warum wir den namen gewählt haben, ist die dualität zwischen "unwinding" als "entspannen" und "unwinding" im sinne von "auseinanderfallen", so gibt es auch etwas dunkles darin. und so dachte ich an ideen fürs cover, und mir gefielen die knochen, die wie eine uhr aussehen. das hat etwas von sterblichkeit. wir sterben und vergehen... craig: ich wusste, dass iain malen kann, aber nur wirklich gewalttätige und schreckliche horrorbilder. als wir mal in den niederlanden spielten, konnten wir gästen zeigen, dass er diese fiesen monster gemalt hat. mir war nicht klar, wie gut er malen kann, bis ich das albumcover sah. das bild innen, auf dem ihr schach spielt, erinnert mich ein wenig an bergmanns "das siebente siegel"... (beide lachen) craig: da spielt
auch kubrick mit rein. wir wollten eine filmreferenz. als wir uns überlegten,
was ist die besondere verbindung zwischen uns ist. stanley kubrick war
immer eine besondere verbindung zwischen uns. und kubrick war auch ein
großer schachfan. er benutzte es, um leute zu erschrecken, so vernichtend
soll er gespielt haben. er machte das, um einen punkt zu setzen. eure musik wird über die jahre immer ruhiger... iain: kommst du zum auftritt heut abend? mal sehen, ob duÂs nachher immer noch ruhig findest... craig:
wir haben einen akustiksong als demo veröffentlicht, so dass alle dachten,
wir wären eine ruhige band. und es gibt einige ruhige momente auf der
platte, aber es ist das, was wir immer gemacht haben. wir versuchen,
die ruhe so laut zu machen wie wir können. es geht nicht darum, hart
zu sein, sondern episch. da sind große cinematische momente und das
bewusstsein, wie wir das zeigen können. für mich sind da keine ruhigen
momente. klar, gibt es ruhige stellen, aber das ist nicht die ganze
geschichte. ich glaub, das war immer das problem. die leute picken sich
einen teil raus und sagten schon bei aereogramme: âihr seid postrockâ.
ja ein wenig, aber auch pop und metal. es ist nie ein ding. iain: ja, wir haben angefangen. wir werden heut auch einen neuen song spielen, der vielleicht auf dem zweiten album landen wird. keine ahnung. ich glaube, nicht mal craig und ich können diese frage beantworten. wir müssen uns zeit nehmen und sehen, was passiert. craig: es ist lustig, dass du das ruhige erwähnst, denn das neue album wird vielleicht schnellere songs enthalten. ich habe dieses problem beim schreiben im  takt. in meinem kopf ist alles immer im  takt. auch die originalen demos. und am ende heißt es dann: nein, nein, das wird ein 4/4 takt. das thema ist etwas albern, aber wirklich eine herausforderung: wir versuchen 4/4 zu machen...ich bin das nicht gewohnt. eure musik ist ja in gewisserweise zeitlos. was sind denn eure einflüsse? craig: film... filmmusik? iain: hm. eine sehr schwierige frage! es gab ne menge aufzuzählen zu aereogramme-zeiten. das war sehr extrem verschieden: slayer, low, aphex twin und alles dazwischen. und nun...ich kann diese frage nicht beantworten. craig: es gibt keinen besonderen grund, warum ich filmmusik gesagt habe...ich kann im kopf eher verbindungen zu filmen als zu musik aufbauen. auch wenn es immer noch rockÂnÂroll musik ist, kann ich dir nicht sagen, welche band das album beeinflusst hat... also gibt es zu jedem unwinding hours song einen film? craig: das funktioniert vielleicht beim letzten aereogramme album. iain: diesmal nicht so spezifisch. es ist echt was anderes. wir reden nicht viel über andere musik oder andere bands. craig: da gab es nie eine besondere band. der grund, warum wir das gemacht haben, war, dass wir gerne gelesen haben. es ging um eine aufrichtige, echte erfahrung. und was denkt ihr über die aktuelle musikszene? craig: die leute fragen uns immer nach der glasgower musik szene...ich habe keine ahnung! iain: the phantom band sind gut. twilight sad. und...em...äh...hm... craig: es gibt tolle musik, aber ich habe keine ahnung von musikszenen. es interessiert mich nicht. wenn die menschen sich für musikszenen und so zeug interessieren, wollen sie vergleichen. und wir haben absolut nicht die absicht, uns mit irgendwem zu vergleichen. wir sind nicht wie irgendwer anderes. ich will einfach aufregende, authentische und ehrliche musik machen, die die menschen genauso bewegt, wie sie uns bewegt. ich weiß, das ist ein klischee... aber ich beachte andere nicht. und was plant ihr nun? craig: mit dem touren aufhören...(lachen). wir werden erstmal nicht aufnehmen und werden erstmal weiter schreiben. bislang haben wir 14 oder 15 songs. iain: wir wollen
mehr songs schreiben. beim letzten album haben wir 11 songs geschrieben
und 10 sind auf dem album. diesmal sollen es mehr werden, auch wenn
es deutlich länger dauert, damit wir mehr zur auswahl haben. der rest
kann dann b seite werden. dann gibtâs wenigstens mal ne single. (lachen) iain: wenn wir schreiben, arbeiten wir am computer. craig und ich spielen dann alles ein. also sitzt ihr nicht mit zwei gitarren zusammen und legt los? craig: das ist verschieden. aber meistens sind es stücke, die wir zusammensetzen. iain: im studio kommen wir nicht ohne ideen oder nur mit akustikgitarren an. wir jamen nicht... man hört ja öfter, dass künstler, die alleine aufnehmen, die kritik fehlt...ist das nicht schwierig? craig: nein, das ist viel leichter. (lacht) es nörgelt keiner rum... iain: du kannst viel kompromissloser schreiben, als wenn noch jemand da wär. du musst nicht den kompromiss finden zwischen dem drumer, der das eine spielen will, und dem gitarristen, der was anderes spielen will. du kannst machen, was du willst. also vermisst ihr nicht die vierköpfige band? craig: nein. iain: ich vermiss die menschen. sind die anderen auch in bands? iain: campbell macht
live sound. martin macht im moment viel als produktionsmanager. (interview: volker kindt, 25.10.2010 im lagerhaus/bremen)
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